Georgiens Weinbau: Eine traditionsreiche Geschichte voller Legenden und Mythen
Der Weinbau und die Herstellung des Weins in Georgien haben eine lange Tradition. Diese spiegelt sich auch in den vielen Legenden und Mythen wider, die sich um den Ursprung des Weins ranken. Doch wie entstand der Wein? Dazu gibt es eine Legende:
Wie Wein entstand
Es war einmal eine Zeit, in der die Menschen die Rebe nicht kannten und nicht wussten, wie man Wein macht. Die Rebe wuchs dann im Wald und die Trauben wurden von Vögeln gefressen.
Ein Georgier grub einmal einen Weinstock im Wald aus und pflanzte ihn in seinem Garten, um schattigen Platz zu bekommen. An der Rebe wuchsen natürlich Trauben als Früchte. Der Mann aß die Trauben, sie schmeckten ihm und im nächsten Jahr pflanzte er wieder welche. Bald breitete sich der Weinstock über den ganzen Hof aus. Jeden Herbst erntete der Mann die Trauben, lud die Nachbarn – Menschen und Vögel – ein und verwöhnte sie mit den köstlichen Früchten. In einem Herbst gab es so viele Trauben, dass der Mann wie immer seine Nachbarn einlud, aber die Hälfte davon konnte man nicht essen. Der Mann presste die restlichen Trauben aus und goss den süßen Saft in einen Tontopf.
Vom hässlichen Stock zum köstlichen Saft – eine verblüffende Entdeckung
Nach einer Weile probierte der Mann den eingelagerten Saft und mochte ihn. Er fragte sich, wie aus diesem hässlichen, unebenen Stock ein so köstliches Getränk werden konnte. Wieder lud er die Nachbarn, die Tiere und die Vögel ein. Jeder probierte den Saft und mochte sein Aroma und seinen Geschmack. Bald waren alle betrunken. Sie begannen zu diskutieren, wie sie das Getränk nennen sollten und welche Eigenschaften es haben sollte.
Eine Nachtigall flog herein, füllte einen Becher mit dem Getränk und sagte:
– Wer drei davon trinkt, soll so melodisch singen wie ich! Sie leerte die Schale und stellte sie wieder hin.
Da kam der Löwe, füllte die Tonschale und sprach:
– Wer fünf Schalen davon trinkt, wird so stark und furchtlos wie ich.
Da sprang die Grille heraus, füllte die Schale und sprach:
– Wer sieben davon trinkt, sollte genauso nervig sein, wie ich.
Der kam der Hund wedelte mit dem Schwanz, füllte die Schale und sprach:
– Wer neun Schalen trinkt, der soll bellen, wie ich.
Da kam eine Gans heraus, füllte die Schale und sagte:
– Wer zwölf davon trinkt, soll so dumm werden, wie ich.
Zuletzt kam das Schwein heraus und sagte:
– Wer mehr als zwölf Schalen trinkt, der soll sich im Schlamm hin und er wälzen und grunzen wie ich.
Schließlich stand der Gott des Festmahls auf, füllte die Schale und sagte:
– Da alle meine Kraft und mein Vermögen erkannt haben, soll dieses Getränk meinen Namen tragen! Und er nannte das Getränk Wein.
Die faszinierende Entdeckung des Weins
So entdeckte ein Georgier den Wein. Bald lernten auch andere Menschen, wie man Wein herstellt, und schließlich verbreitete sich der Wein über die ganze Welt.
Im Laufe der Zeit hat sich vieles verändert. Die Menschen entdeckten neue Rebsorten, der Wein sah anders aus, aber seine ursprüngliche Kraft und seine Eigenschaften sind bis heute gleich geblieben: Wenn ein Mensch drei Schalen Wein trinkt, singt er wie eine Nachtigall, bei fünf Schalen hat er die Kraft und den Mut eines Löwen, bei sieben Schalen springt er wie eine Heuschrecke und nervt alle, bei der neunten Schale fängt er an zu bellen wie ein Hund, bei der zwölften Schale wird er etwas dümmer als eine Gans. Wer mehr als zwölf Schalen Wein trinkt, fängt an zu grunzen wie ein Schwein.
Quelle: Agronews
Viertes Glas – Teufelsglas
Legenden über Wein sind in fast allen Teilen Georgiens erhalten. Sogar in den Bergen Ostgeorgiens, wo die Weinkultur fast nie existierte. Aber das wahre georgische Phänomen des Weins wurde von den Bewohnern der Bergregionen wie Pschawi oder Chewsureti nicht weniger wahrgenommen als von den Georgiern des Tieflandes.
Giorgi Ioramaschwili aus dem Dorf Saridseebi im Bezirk Tianeti: „Wir haben eine sehr alte Legende, an die sich heute nur noch wenige junge Menschen erinnern: Als Gott auf Erden lebte, beschloss er, das Leben der arbeitsmüden Menschen interessanter zu machen. Er dachte lange nach und beschloss, ein Getränk zu erfinden, das die Menschen für eine Weile ins Paradies zurückversetzen konnte.
Gott schuf den Wein, um einen paradiesischen Zustand vorzutäuschen. Er lud alle Engel und sogar den Teufel ein, den Wein zu kosten. Allen schmeckte der Wein, auch dem Teufel. Aber der Teufel wollte mit Gott wetteifern und beschloss, aus dem Tresterbrand ein viel stärkeres Getränk zu machen. Schließlich lud er Gott ein, davon zu kosten. Gott trank vier Gläser. Dann sagte er zum Teufel: «Wer drei Gläser davon trinkt, soll an meiner Seite sein. Nach drei Gläsern kann ich ihn dir überlassen».
In Tianeti nennen die alten Leute, wenn sie diesen Schnaps (Tschatascha genannt) trinken, das vierte Glas «das Glas des Teufels». Sie versuchen, so schnell wie möglich zum fünften Glas zu kommen. Viele wissen gar nicht, warum das vierte Glas «Teufelsglas» genannt wird. Aber dieser Ausdruck und überhaupt diese Tradition gehen auf diese alte Sage zurück.
Quelle: Marani